Integrationsprojekt in Apolda: Ausländerinnen werden aufs Schneidern vorbereitet ta thumb 1
Von Laura Merz, Thüringer Allgemeine vom  07.10.2021

Christoph geehrt

Frauen aus Ländern wie Afghanistan, Russland oder dem Iran treffen sich im Rahmen eines Integrationsprojekts regelmäßig zum Nähen. Beider Verteihung des Integrationspreises haben sie ihre Mode erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Foto: Dirk Lorenz-Bauer

Apolda

Melinda Miclaus träumte schon immer davon, Designerin zu werden. Deshalb besuchte sie vor rund 25 Jahren einen DesignerKurs.
„Doch nach sechs Monaten konnte der Kurs nicht mehr weiter finanziert werden und ich konnte keinen Abschluss machen.“
Heute hilft die gebürtige Rumänin im Rahmen eines Integrationsprojekts ausländischen Hobbynäherinnen, den Wegin den Schneiderinnenberuf zu finden. Bei der Verleihung des Integrationspreises vorige Woche präsentierten sie ihre Kleidungsstücke im Rahmen einer Modenschauzum ersten Mal der Öffentlichkeit.
    „Und das hat unsere Preisverleihung enorm bereichert“, resümiert Ernst-Michael Christoph, Geschäftsführer des Projektträger „Förderkreis zur sprachlichen, beruflichen und kulturellen Integration in Thüringen“ (FKI).
Das Projekt „Mode-Atelier für Frauen zur Integration“ läuft aktuell im zweiten Jahr. Miclaus ist die ehrenamtliche Leiterin; Natalia Leahu koordiniert es. Gefördert wird das Projekt vom Thüringer Ministerium für Inegration.
  Seit sechs Jahren lebt die Rumänin Melinda Miclaus in Apolda. Die studierte Kommunikationswissenschaftlerin arbeitet hauptberuflich als Buchhalterin. Im vergangenen Jahr startete sie mit ihrer freiwilligen Nebentätigkeit und gibt ihre Leidenschaft - das Nähen - an Frauen mit einer vergleichbaren Integrationsbiografie weiter.
    Zehn Frauen, die vor drei bis fünf Jahren ihre Heimat in Ländern wie Syrien, Afghanistan, Russland oder Moldawien aufgaben, engagieren sich im Projekt.
Das Bildungswerk in Apolda stellt die Räumlichkeiten und Nähmaschinen, an denen sich die Hobby-Schnelderinnen zwei Mal die Woche ausprobieren können.
Aufgrund von coronabedingten Hygienemaßnahmen dürfen aber nur fünf der Frauen vor Ort arbeiten.
Für Miclaus und die Teilnehmerinnen sei die Pandemie keine leichte Zeit: „Bei den Treffen geht es deshalb auch darum, mal herauszukommen und neue Kontakte zu knüpfen.“
Da sie untereinander deutsch sprechen, trainieren sie nebenbei auch weiter die Sprache. Jede der Frauen bringe beim Schneidern etwas aus ihrer eigenen Kultur ein und so außergewöhnliche Unikate hervor.

Frauen haben über 700 Masken genäht und gespendet

Aber auch ihre individuellen Talente fließen in das Projekt ein. Dabei würden einige sogar nur nach Fotos arbeiten. „Eine der Damen häkelt und strickt Accessoires wie Ohrringe, Ketten oder Mützen“, erzählt Melinda Miclaus. Die ehrenamtliche Leiterin ermutigt sie dazu, bei Farben und Schnitten immer „mutiger und frecher zu werden.“
    Materialien wie Stoffe oder Nähgarn erhalten die Teilnehmerinnen durch Spenden. Deshalb sei es ihnen auch ein besonderes Anliegen, etwas zurückzugeben. So haben sie zu Anfang der Pandemie über 700 Masken genäht und verschenkt.
Die fertigen Kleider können Interessierte gegen kleine Spenden im Atelier erwerben.
   „Egal aus welchem Land oder aus welcher sozialen Schicht jemand stammt: Wer etwas mit "Wow-Effekt' kreieren will, ist bei uns herzlich willkommen“, ermutigt Miclaus interessierte Hobbynäherinnen.

Immer Dienstags und Donnerstags ist das „Mode-Atelier“ in der Louis-Opel-Straße 5 von 9 bis 15.30 Uhr geöffnet.